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Juli 2019
Pumpenhaus der Stadt Ebersberg im Ebersberger Forst
Pumpenhaus der Stadt Ebersberg im Ebersberger Forst

Kirchseeon: Viel Geld für schlechteres Wasser

Welche Konsequenzen es im täglichen Leben hat, wenn das Nass aus dem Wasserhahn nicht mehr bedenkenlos genutzt werden kann, mussten im Frühjahr 2018 die Bürger von Markt Schwaben erfahren. Wegen Fäkalbakterien im Trinkwasser ordnete das Gesundheitsamt Ebersberg eine Abkochverfügung an, die erst nach 2 Wochen und einer Reinigung und Desinfektion der Hochbehälter und des Leitungsnetzes wieder aufgehoben werden konnte.

Dabei war die Wasserversorgung von Markt Schwaben im Jahr 2016 von der Regierung von Oberbayern im Bericht Wasserversorgungsbilanz Oberbayern - Istanalyse + Entwicklungsprognose 2025 als "uneingeschränkt" versorgungssicher eingestuft worden.

Die Wasserversorgungen in Kirchseeon, Eglharting und Ebersberg hingegen wurden darin nur als "eingeschränkt" versorgungssicher bewertet, die Wassergenossenschaft in Buch erhielt – als eine von zwei im Landkreis - sogar den Warnhinweis "stark eingeschränkt" versorgungssicher, weil im Notfall keine Versorgungsalternativen zur Verfügung stehen.

Ebersberg hat sich daher im letzten Jahr nun endgültig für einen lange verhandelten gegenseitigen Notverbund mit Grafing entschieden. In Kirchseeon wird schon seit 2003 über eine Notversorgung für die rund 8000 Wasserwerkskunden diskutiert. Noch 2014 rechtfertigte Bürgermeister Ockel die Mehrkosten für den Bau einer "dicken" Wasserleitung zum Baugebiet an der Bucher Straße in Eglharting damit, dass diese für eine Notverbundleitung zum gKU VE München Ost nach Zorneding erforderlich wäre.

In einer von Kirchseeon in Auftrag gegebenen Studie aus dem Frühjahr 2018 wird nun aber plötzlich ein Brunnenneubau im Ebersberger Forst bei Anzing und eine 8 km lange DN250-Wasserleitung nach Kirchseeon als vorzugswürdiger gegenüber einem Notverbund zum gKU VE München Ost dargestellt – und das trotz der mehr als doppelt so hohen Kosten.

Diese Studie, in die Ockel nach langen Auseinandersetzungen kürzlich Einsicht gewähren musste, wird der Öffentlichkeit weiter vorenthalten. Ein Grund für die Geheimniskrämerei könnte im Umweltbericht 2018 des Gesundheitsamtes Ebersberg zu finden sein. Darin sind nämlich die Nitratgehalte der Wasserversorger im Landkreis aufgelistet. Kirchseeon und der gKU VE München Ost, die beide ihre Brunnen im Endmoränengebiet haben, haben nur ca. 17 mg Nitrat im Liter Trinkwasser. Die Ebersberger, Anzinger und Forstinninger sowie der Markt Schwabener Brunnen, die alle im Ebersberger Forst in der Nähe des geplanten Kirchseeoner Brunnenneubaus liegen, werden aus einem anderen Grundwasserstrom mit nordöstlicher Fließrichtung gespeist und weisen weit höhere Nitratgehalte von 25-28 mg/l auf.

Zur Verringerung der Verkeimungsgefahr müsste ständig Wasser durch die 8 km lange Leitung ins Kirchseeoner Leitungsnetz fließen. Bedingt durch den hohen Nitratgehalt des geplanten neuen Brunnens und das hohe Einspeisevolumen würde sich der Nitratgehalt des Kirchseeoner Leitungswassers nicht nur im Notversorgungsfall, sondern dauerhaft erhöhen. Wasserabnehmer in der Nähe der Einspeisestelle würden - hydraulisch bedingt – fast ausschließlich das schlechtere Wasser aus dem neuen Brunnen im Ebersberger Forst erhalten, d.h. für diese stiegen die Nitratwerte um 50 %!

Zwar liegen diese hohen Nitratgehalte noch unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts. Mit steigenden Nitratmengen nimmt aber u.a. das Darmkrebsrisiko zu und bei Säuglingen kann der Sauerstofftransport im Blut gestört werden. Würde das Projekt so verwirklicht, würden alle Bemühungen der letzten 30 Jahre zur Senkung der Nitratkonzentration mit einem Schlag zunichte gemacht werden.

Und am Ende müssten die Kirchseeoner Wasserwerkskunden für dieses Projekt zur Verschlechterung ihres Trinkwassers auch noch insgesamt rund 8 Mio. EUR zahlen, etwa die Hälfte davon als Zinszahlungen an die Gemeinde zu einem Zinssatz weit über dem marktüblichen. Eine saftige Wasserpreiserhöhung um ca. 21 Cent pro Kubikmeter ab 2021 wurde vom Wasserwerk schon angekündigt.

Die laut Studie angeblich vorzugswürdige Notversorgungsvariante wäre daher nicht nur immens teuer, sondern würde auch noch die Wasserqualität in Kirchseeon dauerhaft verschlechtern. Ein Notverbund mit dem gKU VE München Ost wäre hingegen nicht nur weitaus billiger, sondern würde auch die bisherige gute Wasserqualität sichern. Neben der Nichtberücksichtigung der Wasserqualität zeigen sich die Mängel der Studie auch darin, dass kein Wort darüber verloren wird, dass das für den neuen Brunnen auszuweisende Wasserschutzgebiet in Konflikt mit den geplanten Windmühlen-Standorten im Ebersberger Forst geriete.

Bürgermeister Ockel verweigert trotz Nachfragen jede Antwort zu dem Vorhaben. Es scheint, dass er und die Gemeinderäte nach dem Fiasko bei der Einführung elektronischer Funk-Wasserzähler, die kürzlich wegen des Widerstands der Bevölkerung widerrufen werden musste, auf dem besten Weg sind, sich die nächste teure Fehlentscheidung beim Wasserwerk zu leisten.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift "Der Oberbayer", Heft April 2019. Artikel mit lokalem Bezug aus dieser Zeitschrift werden mit ein paar Wochen Verzögerung an dieser Stelle abgedruckt. Den Beitrag in der aktuellen Ausgabe finden Sie auf der Seite http://www.kirchseeon-intern.de/der-oberbayer.htm

Diese Webseiten werden fortlaufend erweitert und ergänzt.


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